Erstmal vorneweg für alle, die
gerade nicht Zeit und/oder Nerv haben sich den gesamten Text
durchzulesen: Die Telefonseelsorge ist 24 Stunden am Tag erreichbar:
0800/1110111 oder 0800/1110222 (http://www.telefonseelsorge.de/).
Im akuten Notfall könnt ihr euch auch 24/7 an die nächste
Psychiatrie wenden (keine Sorge: In der Regel wird man nicht
automatisch zwangseingewiesen). Ihr könnt euch auch an Krisendienste
(http://www.krisen-intervention.de/suizikrs.html)
oder an euren behandelnden Fach- oder Hausarzt wenden. Wer Freunde
oder Verwandte hat, denen er vertraut und denen er auch zutraut, dass
sie mit solch schwierigen Themen klar kommen, kann natürlich auch
mit denen sprechen (es kann aber sein, dass Reaktion vom persönlichen
Umfeld nicht immer wie gewünscht ausfallen, Fachkräfte können
damit oft professioneller umgehen).
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Ihr merkt, dass ihr Suizidgedanken
habt? Erstmal: Keine Panik und keine Selbstvorwürfe. Suizidgedanken
kommen in ganz vielen verschiedenen Abstufungen. Versucht in euch
hinein zu hören, wie eure Gedanken aussehen und wie stark sie sind.
Habt ihr einfach den Wunsch am
nächsten morgen nicht mehr aufzuwachen? Dieser Wunsch ist bei
Depressionen und anderen psychischen Gedanken ganz normal, es gibt
wahrscheinlich keinen Depressiven, der sich das noch nie gewünscht
hat. Auch bei nicht-krankhaften größeren Krisen, kann es zu solchen
Gedanken kommen. Die meisten Menschen werden sich an irgeneinem Punkt
in ihrem Leben mit diesem Wunsch konfrontiert sehen.
Doch auch wenn es „nur“ ein
theoretischer Wunsch bleibt, ist es immer ratsam sich näher
anzuschauen, was zu diesem Wunsch geführt hat, und darüber zu
reden/sich Hilfe zu suchen.
Wird der Wunsch stärker? Überlegt
ihr dem Wunsch nachzuhelfen und ihn in aktive Handlungen umzusetzen?
Auch hier sollte man wieder schauen, wie konkret und wie stark die
Gedanken an eine Umsetzung sind? Denn auch bei konkreteren
Suizidgedanken gibt es noch viele verschiedene Abstufungen.
Habt ihr einen konkreten Plan, wie
ihr euch umbringen würdet? Habt ihr vielleicht sogar schon die
notwendigen Mittel besorgt? Bestimmen die Suizidgedanken einen
Großteil eures Denkens? Informiert ihr euch stundenlang über
mögliche Suizidmethoden? Fällt es euch schwer, euch von den
Gedanken abzulenken? Habt ihr Gründe, die für das Leben oder gegen
den Suizid sprechen? Fangt ihr an diese Gründe zu relativieren (wie
z.B. „meine Angehörigen werden schon drüber hinweg kommen“)?
Traut ihr euch zu die Suizidgedanken auch tatsächlich umzusetzen?
Das sind alles Fragen, die dabei
helfen können für sich, oder auch im Gespräch mit
Anderen/Pychologen, heraus zu finden, wie stark die eigenen
Suizidgedanken sind. Besonders gefährlich wird es, wenn man das
Gefühl hat eine Entscheidung (für den Suizid) getroffen zu haben
und sich dadurch ereichtert oder befreit fühlt. In dem Fall sollte
man sich wirklich schnellst möglich Hilfe suchen oder am Besten
direkt in die nächste Psychiatrie fahren.
Aber auch ohne diese „aktive“
Entscheidung, kann die Situation schon kritisch oder gefährlich
sein. Die Frage, wann man sofort handeln und zur Psychiatrie fahren
sollte, und wann es noch nicht ganz so kritisch ist, lässt sich
nicht pauschal beantworten. Bei jedem sind die akuten
Gefahrenanzeichen anders. Generell wird in der Psychologie davon
ausgegangen, dass konkrete Suizidpläne gefährlicher sind als
abstrakte Gedanken, Relativierung der Gründe die gegen den Suizid
sprechen sind gefährlich und Suizidgedanken die sich auch ungewollt
aufdrängen sind gefährlich. Aber wie gesagt, pauschalisieren lässt
sich das nicht, jeder muss für sich lernen auf das eigene Gefühl
und eigene Warnzeichen achten.
Egal wie stark eure Suizidgedanken
sind, sie sind immer Zeichen eines schwereren grundlegenden Problems.
Redet über das Problem, sucht euch Hilfe, und in fast allen Fällen
ist auch eine Therapie zu empfehlen. Zuhörer können sein:
Psychiater, Therapeuten, Krisendienste, Telefonseelsorge, Hausärzte
(auch wenn die in dem Gebiet nicht immer ideal ausgebildet sind), und
wenn ihr ihnen den Umgang mit so einem schwierigen Thema zu Mutet
auch Freunde und Familie.
Habt ihr das Gefühl eure
Suizidgedanken werden akuter und driften in eine gefährliche
Richtung? Ihr könnt euch jederzeit – Tag und Nacht – an die
nächste Psychiatrie oder psychiatrische Ambulanz wenden. Entweder
ihr ruft vorher dort an, oder ihr fahrt direkt dorthin. Falls ihr
euch in einem emotionalen Außnahmezustand befindet, ist es besser
wenn ihr nicht selber fährt, sondern euch ein Taxi nehmt (ggf
öffentliche Verkehrsmittel) oder euch von jemandem fahren lässt.
Allein der Umstand, dass ihr Suizidgedanken zu haben, bedeutet nicht,
dass ihr auch automatisch zwangsweiße dabehalten werdet. Zunächst
wird sich ein Arzt mit euch unterhalten und schauen, wie es euch
geht, was das Problem ist, und wie konkret und akut eure Gedanken
sind. Dann werden sie überlegen, ob man euch auch schon durch ein
Gespräch und/oder beruhigende Medikamente ausreichend helfen kann
(es wird euch in der Regel auch niemand dazu zwingen, die Medikamente
zu nehmen). Nur wenn der Arzt den begründeten Verdacht hat, dass ihr
euch in akuter Lebensgefahr befindet, wird er euch auch gegen euren
Willen aufnehmen.
Eine Option ist aber auch immer sich
freiwillig aufnehmen zu lassen. Wer freiwillig kommt, kann auch
jederzeit freiwillig wieder gehen (außer es besteht die akute Gefahr
von Fremd- oder Eigengefährdung). Die meisten Psychiatrien sind nich
wie bei „Einer flog übers Kuckucksnest“ (gut ein paar schwarze
Schafe gibt es überall). Nicht nur sabbernde, vor sich hin
murmelnde, total desorientierte Menschen sind Patienten in der
Psychiatrie. Solche Patienten mag es zwar auch geben, aber viele
Patienten sind klar im Kopf, und sind aufgrund von Depressionen,
Suizidgedanken, Suchterkrankungen, akuten Krisen,
Persönlichkeitsstörungen oder Traumata dort. Auch Fixierungen und
Zwangsmedikationen kommen in den meisten Psychiatrien kaum noch, und
wenn dann nur als letzte Möglichkeit vor.
Was auch helfen kann: Gibt es Gründe
die fürs Leben sprechen? Wenn ihr diese Gründe nicht mehr sehen
könnt, kann es für den Moment auch schon ausreichen sich zu
überlegen, was gegen den Suizid spricht: Habt ihr Freunde oder
Verwandte? Wollt ihr wirklich, dass sie um euch trauern müssen? Habt
ihr irgendwelche Ziele, Träume oder Wünsche ans Leben (gehabt)?
Noch einmal Achterbahn fahren, eine Familie gründen, nach China
reisen usw.
Und wenn das alles nichts hilft: Ihr
müsst die Entscheidung nicht sofort treffen. Der Tod rennt euch
nicht davon, ihr könnt euch immer noch morgen oder in zwei Wochen
oder in einem Jahr umbringen. Gebt euch die Zeit, und wenns nur ein
oder zwei Tage sind. Schlaft nochmal drüber. Trefft keine
vorschnellen Entscheidungen aus dem Affekt heraus. Zu leben oder zu
sterben ist die wichtigste und essentielle Entscheidung, die ihr in
eurem Leben je treffen könnt, sie verdient es, dass man sich Zeit
nimmt über sie gründlich nachzudenken.
Fazit: Habt ihr Suizidgedanken?
Geratet nicht in Panik, macht euch keine Selbstvorwürfe, sucht euch
Hilfe und redet darüber. Denkt darüber nach was gegen einen Suizid
sprechen könnte, und trefft keine vorschnellen Entscheidungen. Im
akuten Notfall: Fahrt zur nächsten Psychiatrie.
Für Angehörige: Nehmt
Suizidgedanken ernst, fragt ggf. direkt nach Suizidgedanken,
verurteilt nicht, gebt dem Betroffenen das Gefühl für ihn da zu
sein, hört zu, achtet auf eure eigenen Grenzen, und im akuten
Notfall wählt die 110. Weitere Tipps für Angehörige:
http://femipression.blogspot.de/2014/08/dos-and-donts-im-umgang-mit.html
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