Monday, February 2, 2015

Selbstverletzendes Verhalten - so viel mehr als "ein bisschen 'ritzen'"

Inhaltsanmerkung/TW: Selbstverletzendes Verhalten




Vorgestern trendete auf Twitter der Hashtag #RedenStattRitzen. Eine nett gemeinte, aber vollkommen kontraproduktive Verharmlosung eines ernstzunehmenden Problems.
Vor gut einer Woche veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung einen Artikel zum Thema Selbstverletzendes Verhalten (SVV). Ich möchte diesen Artikel an dieser Stelle nicht verlinken, da er von vorne bis hinten voller gefährlicher Halbwahrheiten und Klischees trieft. Wer ihn trotzdem lesen will, wird ihn auch so finden.


Eigentlich sollte mein nächster Blogpost sich mit einem ganz anderen Thema beschäftigen, aber momentan habe ich das Bedürfnis ein paar Worte zu SVV zu schreiben.


Es gibt viele Falschvorstellungen zu SVV, die sich sehr penetrant in den Köpfen der Menschen halten. Es gibt zu wenig Aufklärung, zu wenig Raum offen über eigene Erfahrungen sprechen zu können, und ein viel zu großes Stigma.


So wird zum Beispiel oft angenommen, „ritzen“ wäre ein Modetrend von Jugendlichen, eine schlechte Angewohnheit von pubertären Teenies, die frustriert seien wegen Liebeskummer oder Streit mit den Eltern. Tatsächlich aber ist SVV in den meisten Fällen ein Symptom einer zugrunde liegenden,schwerwiegenden psychischen Erkrankung wie z.B. Depressionen, Borderline oder PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung). Und auch für die Fälle, in deine keine Erkrankung diagnostiziert wird gilt: SVV ist immer ein Ausdruck eines schwerwiegender, tieferliegender Probleme. Warum auch sollte sich ein Mensch einfach so die eigene Haut aufschneiden? Immer wieder. Und wieder. Oft über Jahre, manchmal auch über Jahrzehnte hinweg.


Auch die Vorstellung von SVV wären nur Jugendliche betroffen, ist schlichtweg falsch.
Als ich zum ersten Mal zur Rasierklinge griff war ich 22. Was genau der Auslöser oder die Ursache war, kann ich bis heute nicht sagen. Kurz zuvor hatte ich ein Erlebnis mit einem Mann gehabt, über das ich hier im Blog noch nie geschrieben habe und über das ich auch jetzt nicht genauer schreiben möchte. Nur so viel: Es war grenzüberschreitend, potentiell traumatisierend, und es geschahen Dinge die ich nicht wollte. Ob dieses Erlebnis der Auslöser war, ob es meine Depression war, ob es eine Mischung aus beidem oder etwas ganz anderes war, kann ich wie gesagt nicht beurteilen. Was ich weiß: Es war keine „kleine Teenieverstimmung“, kein Modetrend, keine pubertäre Macke, kein Liebeskummer und keine Boybandtrennung.
Ich weiß auch, dass ich keine Ausnahme bin. Ich habe einige Menschen, die teilweise noch weitaus älter sind als ich kennen gelernt, die sich selbst verletzen.


Den meisten Nicht-Betroffenen fällt es schwer nachzuvollziehen warum ein Mensch auf die Idee kommt sich selbst zu verletzen. Da ich es für mich selbst so schwer greifen kann, liefere ich meistens die Standardaussagen aus der Psychologie: Die Gründe können unter anderem Selbsthass, emotionale Leere oder regelmäßige innere Anspannungszustände sein. Wer sich selbst hasst, wählt – meist unbewusst – SVV als Mittel um sich zu bestrafen für all das was er_sie an sich als unzulänglich/unerträglich/bestrafenswert empfindet. Menschen die z.B. aufgrund einer psychischen Erkrankung (wie Depressionen oder Borderline) sich oft innerlich abgestumpft und leer fühlen, versuchen durch den körperlichen Schmerz irgendwie einen Weg zu finden noch irgendwas zu empfinden, eine verzweifelte Suche nach Gefühl. Für Menschen, die (meist auch aufgrund einer Erkrankung) mit ständigen innerlichen Anspannungszuständen zu kämpfen haben, kann SVV ein Ventil zum Druck ablassen bedeuten.


Meist fängt es bei mir mit einem Bedürfnis oder direkt einem Druck an mich selbst zu verletzen. Manchmal kann ich mir in etwa herleiten, woher der Druck gerade kommt, manchmal gibt es aber auch gar keinen erkennbaren Auslöser. In den Momenten, in denen es einen erkennbaren Auslöser gab, lag es oft an Situationen, Gedanken, Grübelspiralen oder Erinnerungen, die Selbstvorwürfe und Selbsthass auslösten. Manchmal, aber nicht immer, gab es einen Zusammenhang zu dem Erlebnis mit dem Mann.
Nicht immer wenn der Druck da war, musste ich dann auch zwangsläufig handeln. Manchmal konnte ich es so aushalten, manchmal war der Druck zu groß.


SVV ist nicht traurig-schön, SVV ist furchtbar hässlich. Es ist Zeichen eines hässlichen Kampfs mit sich selbst, den ich niemandem wünsche.
Die äußerlichen Narben erinnern mich immer an meine noch viel tieferen, inneren Narben. Jedes Mal, wenn ich mich umziehe oder dusche sehe ich diese Erinnerungen. Ich bin noch an keinem Punkt angelangt, an dem ich mich mit den Narben „versöhnen“ kann. Noch hasse ich sie. Noch hasse ich jeden Blick auf meinen Arm beim umziehen. Noch hasse ich jeden Sommer, in dem ich nicht wie alle anderen kurze Klamotten tragen oder ins Schwimmbad gehen kann. Noch hasse ich sie jedes Mal, wenn ich jemandem näher komme, und er sie sehen könnte. Noch verzweifel ich bei jedem Blick auf alte Fotos, in denen ich kurze Kleidung trug, einen unverletzten Körper hatte, der eine unverletzte Seele darstellte. An den Punkt kann ich nicht mehr zurück, die Narben bleiben – die sichtbaren genauso wie die unsichtbaren.


Ich bin mittlerweile, bis auf zwei kleinere Rückfälle, seit über einem Jahr „clean“. Aber ähnlich wie bei Suchtkranken (denn eigentlich ist SVV genau das: eine Sucht), bin ich zwar „trocken“ aber nie wirklich „geheilt“. Das Bedürfnis mich selbst zu verletzen, habe ich noch ab und an. Aber der Druck ist ein wenig schwächer und vorallem seltener geworden. Wenn ich den Druck verspüre, schaffe ich es mittlerweile leichter ihn auszuhalten. Doch die Rückfallgefahr bleibt.


Ich wünsche mir, dass wir irgendwann in einer Gesellschaft leben, in der ich über dieses Thema unter meinem Klarnamen schreiben kann. Ich wünsche mir, mehr offene Debatten, weniger Tabuisierung, weniger Falschvorstellungen und Mythen, weniger Stigmatisierung und dafür mehr Informationen für Nicht-Betroffene und mehr Gehör für die Betroffenen.
All das wünsche ich mir übrigens auch von „Fachleuten“/Therapeuten/Psychiatern/Pflegern. Auch bei ihnen herrscht noch viel Ignoranz, Mythen, und Stigmatisierung bezüglich SVV.
So habe ich zum Beispiel irgendwann angefangen, wenn ich einen neuen Behandler kennen lernte, das SVV so lange wie möglich zu verheimlichen. Auch sie verfallen beispielsweise oft dem Irrglauben, dass jede_r SVV-Betroffene automatisch Borderline-erkrankt sei. Dabei ist Borderline eine Persönlichkeitsstörung mit neun möglichen Symptomen, von denen mindestens 5 vorhanden sein müssen, damit ein Patient die Diagnose erhält. SVV ist nur eins dieser neun Symptome. Wenn Behandler von Anfang an von meinem selbstverletzenden Verhalten wussten, ordneten sie mich schnell fälschlicherweise als Borderline-Erkrankte ein, was zu für meine Erkrankung unpassenden und kontraproduktiven Behandlungen führte. Verheimlichte ich das SVV zu Beginn der Behandlung, kamen sie nie auf die Idee, dass ich Borderline haben könnte, da ich sonst keine der sonstigen Symptome aufwies.


Auch ist es oft schwer Ärzten/Therapeuten/Pflegern verständlich zu machen, dass Skills kein Allheilmittel sind. Sogenannte „Skills“ sind Sachen die man machen kann, wenn der Druck sich selbst zu verletzen auftritt. Es gibt eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Skills; von Ablenkung durch z.B. fernsehen zu leichteren „Selbstverletzungen“ wie z.B. Chilischoten essen oder an Amoniak riechen. Nicht jedem helfen alle Skills, vielen helfen auch gar keine Skills. Einigen helfen manche Skills in manchen Situationen, und in anderen wiederum gar nicht.
Mir persönlich haben Skills nie wirklich was gebracht. Ich brauchte keine Schmerzverlagerung, und ablenken konnte ich mich sowieso nicht von dem Druck. Ich brauchte diesen einen, spezifischen Schmerz. Doch auch für diejenigen, denen Skills helfen: Auf Dauer lösen sie das zugrunde liegende Problem nicht. Sie können höchstens eine kurzfristige Feuerwehr im akuten Moment darstellen.




Wenn ich über (meine) Depressionen spreche, werde ich oft gefragt „was kann ich als Angehörige/Freund tun?“. Ich nehme an, die Frage stellen sich wahrscheinlich auch einige beim Thema SVV. Und auch hier kann ich meine Antwort bezüglich Depressionen eigentlich nur wiederholen: Jede_r Betroffene ist anders, es gibt keine Pauschalantwort. Gestern erst las ich einen Text einer Betroffenen (siehe Link am Ende des Posts), indem sie schreibt, dass sie am liebsten gar nicht auf ihre Narben angesprochen werden will. Das ist bei mir anders: Zugegeben, man sieht meine Narben selten, da ich mich so gut wie nie traue Klamotten zu tragen, bei denen man sie sehen würde. Aber wenn man von meinen Narben weiß oder sie doch mal zu sehen bekommt, habe ich prinzipiell nichts dagegen darauf angesprochen zu werden. Die Frage ist halt immer wer mich mit welcher Intention anspricht. Eine ernstgemeinte Frage, von jemandem der mir wohlgesonnen ist und die vorallem keine Veurteilungen enthält, ist mir meist lieber als ein komplettes ignorieren des Problems.
Daher ist wohl der einzige pauschale Rat den man geben kann: Informiert euch, urteilt nicht, und geht mit ein bisschen Feingefühl vor. Falls ihr die Person ansprechen wollt, formuliert eure Frage so, dass der_diejenige die Möglichkeit hat zu sagen, dass er_sie nicht darüber sprechen möchte.




Hier ein Link zu einem Text einer Betroffenen, mit einigen weiterführenden Links zu Informationsseiten, Selbsthilfeforen und Anlaufstellen am Ende des Texts:

http://kleinerdrei.org/2015/02/schmerz-outsourcing-zu-selbstverletzendem-verhalten/


Wednesday, October 22, 2014

Raus schreien

Ich will es raus schreien. Ich will raus schreien, was mir passiert, was ich erlebt habe. Ich will raus schreien, dass ich sexuelle Gewalt erlebt habe. Ich will auch die Erlebnisse raus schreien, die ich mich sogar hier noch nicht traue zu erzählen. Ich will raus schreien, dass ich gelitten habe. Ich will raus schreien, dass ich Depressionen habe. Ich will raus schreien, dass ich sterben wollte. Ich will raus schreien, dass ich mich verletzt habe weil andere mich verletzt haben. Ich will raus schreien, was Teil von mir ist, aber mich nicht ausmacht. Ich will raus schreien, was nicht ok ist. Ich will raus schreien um Dinge zu benennen. Ich will raus schreien, weil ich es nicht geheim halten sollen müsste. Ich will raus schreien, weil die Schreie nicht nur in mir statt finden sollten. Ich will raus schreien, weil ich nicht stumm sein will. Ich will raus schreien um Dinge zu bennen. Ich will raus schreien, weil ich kein Rassimus, kein Sexismus, und keine Gewalt mehr erleben will. Ich will raus schreien, weil auch sonst niemand es erleben sollte. Ich will raus schreien, weil schweigen an mir zerrt. Ich will raus schreien, ohne als Antwort „Ja, aber“ zu hören. Ich will raus schreien, ohne als Antwort „was hast du gemacht?“ zu hören. Ich will raus schreien, ohne die Schuld für Dinge zu bekommen die mir angetan wurden. Ich will raus schreien, ohne dass meine Erlebnisse und Empfindungen in Frage gestellt werden. Ich will raus schreien, weil ich gehört werden will. Ich will raus schreien, weil schweigen zermürbt.
Ich will unter meinem eigenen Namen raus schreien können. Ich will laut raus schreien. Ich will, dass ihr aufhört euch die Ohren zu zu halten. Ich will schreien.

Thursday, October 9, 2014

Funny feminist videos

Since I just saw a very funny second video, I'm gonna extent this post to generally funny feminist videos. I'm gonna regularly update this post, whenever I find something (always happy for suggestions), so keep track of this post.

Da ich gerade ein lustiges zweites Videos gefunden habe, gestalte ich diesen Post zu einer generellen Sammlung lustiger Videos. Ich werde diesen Post immer wieder aktualisiere, wenn ich was finde (bin auch froh über Vorschläge, falls ihr was passendes findet), daher behaltet diesen Post ein bisschen im Auge.




This is only a short, but very funny and yet-to-the-point video, in which Comedian Aziz Ansari explains what feminism is.

Das hier ist nur ein kurzes Video, in dem der amerikanisch-indische Comedian Aziz Ansari lustig, aber trotzdem sehr treffend erklärt, was Feminismus ist.


 







The brilliant Ellen De Generes about a "pen for women"

Die geniale Ellen De Generes  über einen "Stift für Frauen"




Wednesday, September 10, 2014

Wie es ist, wenn man sterben will

Heute, 10.09., ist Weltsuizidtag. Ich hab bereits Posts zu folgenden Themen geschrieben: wie sich Depressionen anfühlen (http://femipression.blogspot.de/2014/07/depression.html), was man bei Suizidgedanken tun kann (http://femipression.blogspot.de/2014/08/was-kann-ich-tun-bei-suizidgedanken.html), Tipps für den Umgang mit Depressiven/Suizidalen (http://femipression.blogspot.de/2014/08/dos-and-donts-im-umgang-mit.html), und wie freiwillig ist eigentlich dieser „Freitod“ (http://femipression.blogspot.de/2014/08/ist-der-freitod-wirklich-so-frei.html).
Die Frage, wie es eigentlich ist suzidal zu sein, habe ich wenn dann bisher nur indirekt in vorigen Posts erwähnt.


Wer aufmerksam meinen Blog liest, weiß also mittlerweile, dass ich Depressionen habe, und wer ganz aufmerksam liest, wird vielleicht auch schon gelesen haben, dass ich auch schon so meine Erfahrung mit Suizidaität habe. Aber keine Sorge, von den Depressionen her geht es mir besser, und suizidal bin ich auch nicht mehr. Dennoch möchte ich euch einen kleinen Einblick, in die dunkelste Zeit meines Lebens geben, zum Einen als Zeichen für Andere: Ihr seid nicht allein. Zum Anderen, als eine Art Einblick für diejenigen, die nicht nachvollziehen können, wie es ist suizidal zu sein. Oft wird nach einem Suizid (sei es im persönlichen Umfeld oder bei einem Prominenten) nach dem „warum“ gefragt, und Menschen die so Gedanken selbst nie erlebt haben fragen sich, was einen Menschen dazu bringen kann, sich das Leben zu nehmen. Vielleicht hilft dieser Text, es ein bisschen besser zu verstehen.




Bereits mit 12 Jahren wünschte ich mir zum ersten Mal zu sterben. Ich war die ganze Zeit unglücklich, ich hatte Probleme in der Schule, familiär liefs auch nur so mäßig, Pubertät war ein Arschloch und vermutlich hatte ich auch zu der Zeit schon meine erste depressive Episode. Jahre später fand ich alte Tagebücher, die Seiten waren voll mit dem Satz „ich will sterben“. Ich dachte damals, es würde nie wieder besser werden, der Moment, die Traurigkeit, der Frust, alles fühlte sich wie eine nie-endende Ewigkeit an. Konkret umgesetzt hätte ich die Gedanken damals allerdings noch nicht, so stark waren sie dann doch nicht. Es war mehr ein theoretischer Wunsch, der ab und an in meinen Kopf kam.
Es wurde besser, und die Gedanken ans Sterben ließen mich viele Jahre in Ruhe.


Ca. 10 Jahre später (mit zwischenduch noch einer kleineren suizid-freien Episode), schlug die Depression wieder in voller Härte zu. Wesentlich härter, als je zuvor und auch mit neuen Symptomen, sodass ich sie erst gar nicht erkannte. Ich konnte nicht mehr aus dem Haus raus, lag den ganzen Tag nur im Bett, duschen/essen/trinken/spülen wurden zur extremen Herausforderung, emotional fing ich bei komplett Gefühlstot an und endete irgendwann in einer Hölle von emotionalen Qualen.
Irgendwannn fing ich eine ambulante Therapie an, probierte sämtliche Medikamente durch, und begab mich in stationäre Behandlung.


Kurz vor Beginn des ersten Klinikaufenthalt, fingen die Suizidgedanken an. Sie sollten mich noch ganze zwei Jahre begleiten. Mal waren sie stärker, mal waren sie schwächer. Es gab Tage an denen dachte ich überhaupt nicht darüber nach, und dann gab es Tage an denen konnte ich 24h an nichts anderes denken. Innerhalb dieser zwei Jahre holten mich die Gedanken aber immer wieder ein. Immer wenn ich mal für einen Moment dachte, ich wäre sie jetzt vielleicht los, gings in meinem Kopf wieder los, dieser verführerische Wunsch endlich Ruhe zu haben...Ruhe von allem, Ruhe von anderen Menschen, Ruhe von mir selbst.


Es brauchte oft keinen konkreten Auslöser für die Gedanken. Manchmal waren es Kleinigkeiten, die fatale Gedankenspiralen in Gang brachten, manchmal war es Alkohol (den ich nie regelmäßig getrunken habe, aber wenn ich trank dann zog er meine Stimmung und meine Gedanken sofort runter an einen gefährlichen Punkt), und oft war es einfach nur mein depressiver Allgemeinzustand mit dem ich nicht mehr klar kam.


Auch die Gründe, wieso ich sterben wollte waren nicht immer gleich:
Am Anfang war es oft das Gefühl in diese Welt nicht mehr reinzugehören. Ich fühlte mich so anders, als die Anderen, irgendwie wie eine merkwürdige Aussetzige die ausversehen die falsche Planetenausfahrt genommen hatte. Als würde ich hier nicht reinpassen und als gebe es keinen Platz auf dieser Welt für mich.
An anderen Tagen, wollte ich mich einfach nur nicht mehr schlecht fühlen. Nicht mehr dahin vegitieren, nicht mehr nur exisitieren und nicht leben, nicht mehr diese Gedankenspiralen und nicht mehr diese Emotionen fühlen.
Dann wieder gab es Phasen, wo ich einfach nur eine generelle Unlust aufs Leben hatte. Gerade in meiner letzten suizidalen Phase (war so eine Art „kurzer Rückfall“) ging es mir von den Depressionen her schon wieder ein bisschen besser, ich hatte weniger emotionale-/Stimmungstiefs. Aber ich hatte auch keine Hochs. Wenn man Depressionen hat, gewinnt man nicht nur an negativen Emotionen hinzu, sondern mal verliert auch die Fährigkeit Positive zu empfinden. Ich spürte keine Freunde, kein Spaß mehr, und konnte das Konzept Leben einfach nicht nachvollziehen. Ich hatte einfach keine Lust, ich wollte lieber meine Ruhe.
Ich war oft im wahrsten Sinne des Wortes lebensmüde – ich war des Lebens müde. Atmen, existieren, das alles war anstrengend, ich wollte einfach nur noch aussteigen und schlafen.


Ich befand mich, wie wahrscheinlich alle Suizidale, in einer ständigen Ambivalenz: Auf der einen Seite ist da der Wunsch, der je nachdem auch schon mal sehr stark oder gar überwältigend werden kann, auf der anderen Seite ist der Überlebenstrieb den unbewusst wohl jeder hat. Mein Überlebenstrieb kam hauptsächlich in Form von Gedanken an meine Familie. Ich wollte meine Familie nicht verletzen, ich wollte nicht, dass sie wegen mir traurig sind, ich wollte dass es ihnen gut geht. Oft fühlte ich mich wie gefangen zwischen den Welten: Ich konnte nicht mehr leben, durfte aber auch nicht sterben. Diese hin- und hergerissenheit, dieses Gefühl des gefangen seins, kann sehr quälend sein. Oft hab ich mir gewünscht, ich könnte einfach eine Entscheidung treffen, und hätte nicht diese zwei Seiten in mir.


Meine Suizidgedanken waren nicht immer gleich stark. Mal war es nur ein leichter, theoretischer Wunsch, manchmal war der Wunsch stärler, dann wieder fing ich an stundenlang nach Methoden zu googlen, und manchmal bekam ich Angst vor mir selbst, weil die Gedanken so konkret wurden. Ein Therapeut hat es mal wie eine Waage ausgedrückt: Auf der einen Waagschale liegen die Sachen die für einen Suizid sprechen, der Sterbewunsch usw. und auf der anderen Waagschale liegt der Gedanke an meine Familie. Je nachdem welche Waagschale gerade den Kampf der Ambivalenz dominierte, desto schwächer oder stärker/gefährlicher waren meine Suizidgedanken.


Ich hatte auch schon mal wortwörtlich „Deadlines“, ein bestimmtes Datum das ich festgelegt hatte um mich da umzubringen. Bei solchen „Plänen“ kam immer irgendwas dazwischen, und ich tat es dann doch nicht.
Gefährlicher war für mich der Affekt.


Bei meinem ersten Suizidversuch war ich in einer Klinik. Ich hatte sogar direkt davor noch die diensthabende Schwester um Hilfe gefragt, so ambivalent war ich selbst in dem Moment noch. Sie hatte aber glaub ich nicht ganz erkannt, wie ernst die Situation wirklich schon war. Irgendwann hatte ich keinen Nerv mehr weiter zu warten bis die Beruhigungstabletten endlich wirkten, und so sammelte ich alles was ich noch irgendwo an Medikamenten finden konnte und schmieß es ein.
Ich hatte einfach keine Lust mehr gehabt, ich war ausgelaugt. Zunächst ging es mir in dieser Klinik besser, und ich war auf einem guten Weg, als mich das extreme Tief, der erneute Stimmungseinbruch überraschte und überwältigte. Ich war frustriert, da ich dachte es würde mir langsam besser gehen, und dann gings mir doch wieder schlechter. Ich hatte keine Lust mehr mich so zu fühlen, keine Lust mehr dass es doch immer wieder bergab ging.


Bei meinem zweiten Suizidversuch war es ähnlich (nur dass ich da nicht in einer Klinik, sondern zu Hause war): Ich war kurz vorher von einem Klinikaufenthalt entlassen worden, war noch in tagesklinischer Behandlung, und eigentlich gings mir besser. Eigentlich. Bis dann wieder der Einbruch und das Tief kamen. Auch hier, hatte ich einfach keine Lust mehr, dass es mir immer wieder schlecht ging. Keine Lust mehr aufs Leben, keine Lust mehr auf Tiefs, ich war müde. Auch hier war es eine Affekttat. Ich hatte es nicht geplant, ich hatte sogar Stunden vorher noch jemandem versprochen „keinen Mist“ zu machen.
Ich schluckte eine Überdosis, legte mich aufs Bett und wartete. Doch dann lief auf einmal ein Lied im Hintergrund, das mich an meine Familie erinnerte, und ich rief den Rettungswagen.


In den Momenten in denen ich die Versuche machte, hatte ich den Gedanken an meine Familie kurz weg gedrängt. Aber komplett ausblenden konnte ich sie nie, die Ambivalenz ist selbst dann noch da, wenn man den Versuch bereits gemacht hat. Auch wenn ich nicht in die Köpfe anderer Menschen gucken kann, vermute ich, dass selbst Robert Enke, Robin Williams, und alle anderen die an Suizidversuchen gestorben sind, noch bis zum letzten Moment ein stück weit diese Ambivalenz hat. Die andere Waagschale ist noch da, nur wiegt die Eine irgendwann mehr.


Die Ambivalenz war auch der Grund, wieso es bei „nur“ zwei Versuchen geblieben ist, und wieso ich oft freiwillig in die Psychiatrie gefahren bin. Es gibt einen Punkt, an dem kann man noch umkehren, wenn man ihn wahrnimmt und ernst nimmt. Es ist nicht immer leicht den Punkt zu finden, zu unterscheiden was sind harmlose Wünsche, wo wird’s gefährlich, und wo muss ich sofort handeln. Wenn man den sofort-handeln-Punkt unterschätzt oder übersieht, dann führt das dazu, dass die Gedanken irgendwann so schwer und drängend werden, dass man die Gründen die eigentlich gegen den Suizid sprechen würde (also z.B. Angehörige) relativiert und die Suizidwaagschale immer schwerer wird, bis man sich irgendwann ggf. selbst nicht mehr von einer Handlung abhalten kann.
Es kam mehr als einmal vor, dass ich in die Psychiatrie gefahren bin, und kurz nach der Ankunft dachte „scheiße, wieso bist du jetzt hier her gefahren, wieso hast du es nicht einfach gemacht“. Hätte ich in solchen Momenten mich nicht rechtzeitig in Sicherheit/in die Psychiatrie gebracht, wären es jetzt mehr als zwei Versuche.




Mittlerweile würde ich zwar immer noch nicht sagen, dass ich mich jeden Tag totaal freue am Leben zu sein, aber ich habe auch keine Suizidgedanken mehr. Es ist ok, dass ich lebe und ich werd mal schauen, was ich jetzt daraus machen kann.
Wie ich dahin gekommen bin, wo ich heute bin (auch wenns immer noch nicht das Ziel ist, aber ich komm ihm immer näher), kann ich gar nicht so genau sagen. Medikamente haben bei mir nie so richtig angeschlagen, aber generell würd ich zur Therapie und in den meisten Fällen auch zu Medikamenten raten.


Das Schwerste während es mir so schlecht ging, war die Hoffnungslosigkeit. Sie ist ein typisches Symptom von Depressionen. Man hat die tiefe Überzeugung, dass es nie wieder besser werden kann. Für alle anderen vielleicht ja, aber man selbst wird für immer in diesem tiefen Loch bleiben. Ich habe damals den Leuten nicht geglaubt, die mir sagten, es wird besser. Daher weiß ich auch nicht, ob mir jetzt diejenigen glauben, die das hier lesen und sich gerade noch in so einem Loch befinden, aber ich sags trotzdem: Es wird besser! Glaubt der beschissenen Hoffnungslosifkeit nicht, sucht euch Hilfe, es wird besser!

Wednesday, September 3, 2014

Famous Victim-Blaming Quotes

 TRIGGER WARNING!


Victim-blaming, meaning giving the victim of a crime (especially common in sexual violence cases) the fault for what happened to them, is unfortunately extremely common in the rape-culture, we all live in. I dont know a single survivor, who hasn't been subjected to victim-blaming-comments. Not just that those comments excuse rapists and set up a very wrong image of sexual violence and blame within society. They are also an (often times very successfull) attempt at controlling women, as if they were safe as long as they know their place and behave like a "good girl" (whatever that means). And victim-blaming will hurt most those that have already been so intensly hurt: The survivors of those crimes. Victim-blaming can lead to retraumization, which can lead to severe mental illnesses and consequences including suicide.

I've already posted on this blog's facebook-page a "victim-blaming-bullshit-bingo" with common victim-blaming-statements (including stuff that has been said to me).

With this post I want to collect some victim-blaming-quotes that have been said by famous politicians or celebrities. I have not found so many quotes of Germans, though I'm sure they exists (I just follow more American feminist pages than German ones). If you know more quotes from German celebrities and politicians please let me know and I will add them to the list.
So here you go (again trigger- and bullshit-warning):


1.
Talking about Abortion and pregnancy after rape

“If it’s a legitimate rape, the female body has ways of shutting that whole thing down.”
 - Todd Akin, representative of Missouri


2.
Comparing bad weather to rape

“If it’s inevitable, just relax and enjoy it.”
- Clayton Williams, Texas Republican gubernatorial candidate in 1990


3.
Regarding the Steubenville-victim (a 16-year old girl that got gang-raped while drunk)

“She’s 16, why was she that drunk where she doesn’t remember? It could have been much worse. She’s lucky.”
- Serena Williams


4.
Regarding the case of director Roman Polanski raping an underage girl (and it wasn't just statutory, which is bad enough, it was clearly non-consensual).

"I know it wasn't rape-rape. It was something else but I don't believe it was rape-rape."
 - Whoopy Goldberg


5.
"If a woman has (the right to an abortion), why shouldn’t a man be free to use his superior strength to force himself on a woman?"
- Lawrence Lockman, State representative of Maine


6.
Questioning wether or not it can be rape if the victim is unconscious

"Women who have really been raped REMEMBER!!!"
- Cee Lo Green


7.
Regarding false rape accusationes supposedly becoming a huge thing.

"Das ist das Opfer-Abo, das Frauen haben. Frauen sind immer Opfer, selbst wenn sie Täterinnen wurden. Menschen können aber auch genuin böse sein, auch wenn sie weiblich sind." (Unwort des Jahres 2012: http://de.wikipedia.org/wiki/Opfer-Abo)

"That is the victim-subscription that women have. Women are always victims, even when they became perps. Truth is humans can be extremely evil, even when they are female."

- Jörg Kachelmann


8.
Regarding rape crisis centers and other organizationes, that help and/or support victims of sexual violence. 

"Es gibt eine Opferindustrie, die in dieser kranken Form endlich weg muss."

"There is a victims-industry, that needs to be eliminated in it's sick way."

 - Miriam Kachelmann

(mehr zu den Aussagen der Kachelmanns und zum dazugehörigen Faktencheck: http://ifgbsg.org/faktencheck-fur-kachelmann/ )

Wednesday, August 20, 2014

Sätze auf die meist nichts gutes folgt

Wenn man folgende Sätze hört, folgt danach (manchmal auch schon davor) in den meisten Fällen irgendwas sehr ungutes:


"Ich hab ja nichts gegen Ausländer, aber..."

"Man wird ja wohl noch mal sagen dürfen"

"Natürlich gibt es auch nette Türken/Schwulen/Araber/*insert minority*, aber..."

"Einige meiner besten Freunde sind Ausländer"

"Ich bin kein Rassist/Sexist, aber..."

"In Deutschland gilt man ja schon als Rassist, wenn man..."

*irgendwas mit unkontrollierbaren männlichen Trieben*

*irgendwas mit Gutmenschen*

"Natürlich ist ein Vergewaltigungsopfer nicht selbst schuld, aber..."

"Natürlich darf eine Frau sich so kleiden, wie sie möchte, aber..."

"Darf man jetzt keiner Frau mehr hinterher gucken?"

 *George Clooney und Brüderle in einem Satz*

"Wenn sie nein sagt meint sie ja"

"Wer zu Gast in unser Land kommt..."

*irgendwas mit Leitkultur*

"Endlich mal jemand, der unbequeme Wahrheiten ausspricht."

"Ich stimm dem Sarrazin jetzt auch nicht in allem zu, aber..."




Liste wird mit der Zeit weiter ergänzt.

Tuesday, August 12, 2014

Was kann ich tun bei Suizidgedanken?

Erstmal vorneweg für alle, die gerade nicht Zeit und/oder Nerv haben sich den gesamten Text durchzulesen: Die Telefonseelsorge ist 24 Stunden am Tag erreichbar: 0800/1110111 oder 0800/1110222 (http://www.telefonseelsorge.de/). Im akuten Notfall könnt ihr euch auch 24/7 an die nächste Psychiatrie wenden (keine Sorge: In der Regel wird man nicht automatisch zwangseingewiesen). Ihr könnt euch auch an Krisendienste (http://www.krisen-intervention.de/suizikrs.html) oder an euren behandelnden Fach- oder Hausarzt wenden. Wer Freunde oder Verwandte hat, denen er vertraut und denen er auch zutraut, dass sie mit solch schwierigen Themen klar kommen, kann natürlich auch mit denen sprechen (es kann aber sein, dass Reaktion vom persönlichen Umfeld nicht immer wie gewünscht ausfallen, Fachkräfte können damit oft professioneller umgehen).

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Ihr merkt, dass ihr Suizidgedanken habt? Erstmal: Keine Panik und keine Selbstvorwürfe. Suizidgedanken kommen in ganz vielen verschiedenen Abstufungen. Versucht in euch hinein zu hören, wie eure Gedanken aussehen und wie stark sie sind.

Habt ihr einfach den Wunsch am nächsten morgen nicht mehr aufzuwachen? Dieser Wunsch ist bei Depressionen und anderen psychischen Gedanken ganz normal, es gibt wahrscheinlich keinen Depressiven, der sich das noch nie gewünscht hat. Auch bei nicht-krankhaften größeren Krisen, kann es zu solchen Gedanken kommen. Die meisten Menschen werden sich an irgeneinem Punkt in ihrem Leben mit diesem Wunsch konfrontiert sehen.
Doch auch wenn es „nur“ ein theoretischer Wunsch bleibt, ist es immer ratsam sich näher anzuschauen, was zu diesem Wunsch geführt hat, und darüber zu reden/sich Hilfe zu suchen.

Wird der Wunsch stärker? Überlegt ihr dem Wunsch nachzuhelfen und ihn in aktive Handlungen umzusetzen? Auch hier sollte man wieder schauen, wie konkret und wie stark die Gedanken an eine Umsetzung sind? Denn auch bei konkreteren Suizidgedanken gibt es noch viele verschiedene Abstufungen.

Habt ihr einen konkreten Plan, wie ihr euch umbringen würdet? Habt ihr vielleicht sogar schon die notwendigen Mittel besorgt? Bestimmen die Suizidgedanken einen Großteil eures Denkens? Informiert ihr euch stundenlang über mögliche Suizidmethoden? Fällt es euch schwer, euch von den Gedanken abzulenken? Habt ihr Gründe, die für das Leben oder gegen den Suizid sprechen? Fangt ihr an diese Gründe zu relativieren (wie z.B. „meine Angehörigen werden schon drüber hinweg kommen“)? Traut ihr euch zu die Suizidgedanken auch tatsächlich umzusetzen?

Das sind alles Fragen, die dabei helfen können für sich, oder auch im Gespräch mit Anderen/Pychologen, heraus zu finden, wie stark die eigenen Suizidgedanken sind. Besonders gefährlich wird es, wenn man das Gefühl hat eine Entscheidung (für den Suizid) getroffen zu haben und sich dadurch ereichtert oder befreit fühlt. In dem Fall sollte man sich wirklich schnellst möglich Hilfe suchen oder am Besten direkt in die nächste Psychiatrie fahren.
Aber auch ohne diese „aktive“ Entscheidung, kann die Situation schon kritisch oder gefährlich sein. Die Frage, wann man sofort handeln und zur Psychiatrie fahren sollte, und wann es noch nicht ganz so kritisch ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei jedem sind die akuten Gefahrenanzeichen anders. Generell wird in der Psychologie davon ausgegangen, dass konkrete Suizidpläne gefährlicher sind als abstrakte Gedanken, Relativierung der Gründe die gegen den Suizid sprechen sind gefährlich und Suizidgedanken die sich auch ungewollt aufdrängen sind gefährlich. Aber wie gesagt, pauschalisieren lässt sich das nicht, jeder muss für sich lernen auf das eigene Gefühl und eigene Warnzeichen achten.

Egal wie stark eure Suizidgedanken sind, sie sind immer Zeichen eines schwereren grundlegenden Problems. Redet über das Problem, sucht euch Hilfe, und in fast allen Fällen ist auch eine Therapie zu empfehlen. Zuhörer können sein: Psychiater, Therapeuten, Krisendienste, Telefonseelsorge, Hausärzte (auch wenn die in dem Gebiet nicht immer ideal ausgebildet sind), und wenn ihr ihnen den Umgang mit so einem schwierigen Thema zu Mutet auch Freunde und Familie.

Habt ihr das Gefühl eure Suizidgedanken werden akuter und driften in eine gefährliche Richtung? Ihr könnt euch jederzeit – Tag und Nacht – an die nächste Psychiatrie oder psychiatrische Ambulanz wenden. Entweder ihr ruft vorher dort an, oder ihr fahrt direkt dorthin. Falls ihr euch in einem emotionalen Außnahmezustand befindet, ist es besser wenn ihr nicht selber fährt, sondern euch ein Taxi nehmt (ggf öffentliche Verkehrsmittel) oder euch von jemandem fahren lässt. Allein der Umstand, dass ihr Suizidgedanken zu haben, bedeutet nicht, dass ihr auch automatisch zwangsweiße dabehalten werdet. Zunächst wird sich ein Arzt mit euch unterhalten und schauen, wie es euch geht, was das Problem ist, und wie konkret und akut eure Gedanken sind. Dann werden sie überlegen, ob man euch auch schon durch ein Gespräch und/oder beruhigende Medikamente ausreichend helfen kann (es wird euch in der Regel auch niemand dazu zwingen, die Medikamente zu nehmen). Nur wenn der Arzt den begründeten Verdacht hat, dass ihr euch in akuter Lebensgefahr befindet, wird er euch auch gegen euren Willen aufnehmen.
Eine Option ist aber auch immer sich freiwillig aufnehmen zu lassen. Wer freiwillig kommt, kann auch jederzeit freiwillig wieder gehen (außer es besteht die akute Gefahr von Fremd- oder Eigengefährdung). Die meisten Psychiatrien sind nich wie bei „Einer flog übers Kuckucksnest“ (gut ein paar schwarze Schafe gibt es überall). Nicht nur sabbernde, vor sich hin murmelnde, total desorientierte Menschen sind Patienten in der Psychiatrie. Solche Patienten mag es zwar auch geben, aber viele Patienten sind klar im Kopf, und sind aufgrund von Depressionen, Suizidgedanken, Suchterkrankungen, akuten Krisen, Persönlichkeitsstörungen oder Traumata dort. Auch Fixierungen und Zwangsmedikationen kommen in den meisten Psychiatrien kaum noch, und wenn dann nur als letzte Möglichkeit vor.

Was auch helfen kann: Gibt es Gründe die fürs Leben sprechen? Wenn ihr diese Gründe nicht mehr sehen könnt, kann es für den Moment auch schon ausreichen sich zu überlegen, was gegen den Suizid spricht: Habt ihr Freunde oder Verwandte? Wollt ihr wirklich, dass sie um euch trauern müssen? Habt ihr irgendwelche Ziele, Träume oder Wünsche ans Leben (gehabt)? Noch einmal Achterbahn fahren, eine Familie gründen, nach China reisen usw.

Und wenn das alles nichts hilft: Ihr müsst die Entscheidung nicht sofort treffen. Der Tod rennt euch nicht davon, ihr könnt euch immer noch morgen oder in zwei Wochen oder in einem Jahr umbringen. Gebt euch die Zeit, und wenns nur ein oder zwei Tage sind. Schlaft nochmal drüber. Trefft keine vorschnellen Entscheidungen aus dem Affekt heraus. Zu leben oder zu sterben ist die wichtigste und essentielle Entscheidung, die ihr in eurem Leben je treffen könnt, sie verdient es, dass man sich Zeit nimmt über sie gründlich nachzudenken.


Fazit: Habt ihr Suizidgedanken? Geratet nicht in Panik, macht euch keine Selbstvorwürfe, sucht euch Hilfe und redet darüber. Denkt darüber nach was gegen einen Suizid sprechen könnte, und trefft keine vorschnellen Entscheidungen. Im akuten Notfall: Fahrt zur nächsten Psychiatrie.


Für Angehörige: Nehmt Suizidgedanken ernst, fragt ggf. direkt nach Suizidgedanken, verurteilt nicht, gebt dem Betroffenen das Gefühl für ihn da zu sein, hört zu, achtet auf eure eigenen Grenzen, und im akuten Notfall wählt die 110. Weitere Tipps für Angehörige: http://femipression.blogspot.de/2014/08/dos-and-donts-im-umgang-mit.html